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Diskussionskultur: Dehm und Gauland im Gespräch

07. November 2025 // geschrieben von Manfred

Auf einer Podiumsdiskussion mit Alexander Gauland (AfD), Dieter Dehm (ehemaliger Politiker der Linken und SPD) und Christoph Berndt (AfD) ergab sich eine interessante Diskussionsrunde über politische Differenzen und Gemeinsamkeiten zwischen den Gästen, wobei Gauland und Dehm ihre Erinnerungen aus ihrer politischen Vergangenheit in Frankfurt am Main austauschten. Ein zentrales Thema war die veränderte politische Kultur in Deutschland, insbesondere die Intoleranz und Ausgrenzung gegenüber der AfD, die sogenannte „Brandmauer“. Darüber hinaus werden aktuelle geopolitische Fragen wie die Rolle Deutschlands in der NATO, das Verhältnis zu Russland und die Gefahr eines Dritten Weltkriegs debattiert. Eine illustre Runde, die zeigt, dass Diskurs auch bei gegensätzlichen politischen Ausrichtungen möglich ist.

Kurzporträt der Diskutanten

Dr. Alexander Gauland ist ein Mitbegründer der AfD. Er wird als der Mann beschrieben, ohne den die AfD nicht die starke Partei wäre, die sie heute ist. Er begann seine politische Laufbahn in der CDU, verbrachte seine Jugend in der DDR und floh später. Er war in Frankfurt am Main tätig und leitete dort das Büro von Walter Wallmann. Herr Gauland stammt ursprünglich aus Sachsen.

Dr. Dieter Dehm ist ein Politiker, der sowohl der SPD als auch später der Linken angehörte. Er ist zudem Künstler und Lebenskünstler. Sein Vater war ein bekannter deutscher Fußballspieler, Gewerkschafter und Sozialdemokrat, der ihn als Kriegsgegner erzog, was seinen Eintritt in die SPD beeinflusste. Dehm und Gauland kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Frankfurt am Main und dem Bundestag.

Wesentliche Kernpositionen und Unterschiede

Die Positionen der beiden Protagonisten weisen sowohl scharfe Kontraste als auch erhebliche Überschneidungen auf, insbesondere in Bezug auf die Außenpolitik und die Kultur des politischen Diskurses.

1. Haltung zur NATO und Russland

  • Alexander Gauland: Er hält am Prinzip der NATO-Mitgliedschaft fest. Er argumentiert, dass Deutschland sich nicht allein verteidigen kann und ein Austritt Deutschlands als Erstem in der NATO zu Unruhen bei den Nachbarn führen würde, insbesondere aufgrund der deutschen Geschichte. Gauland betont, dass Deutschland innerhalb der NATO eigene Interessen verfolgen und eine gute Beziehung zu Russland pflegen müsse. Er lehnt die Lieferung von Taurus-Waffen ab und stellt fest, dass der Ukrainekrieg nicht Deutschlands Krieg sei.
  • Dieter Dehm: Er ist ein ewiger NATO-Gegner und plädiert für die Auflösung der NATO, die durch ein OSZE-ähnliches Bündnis ersetzt werden müsste, das Russland einschließt. Dehm kritisiert die NATO als Angriffsbündnis (z.B. in Serbien) und sieht Deutschland in der NATO als „Schlachtfeld“, das geopfert wird. Er betont, dass die Friedensbewegung dringend eine Überwindung der Brandmauer zur AfD benötige, um sich gegen die Kriegsgefahr zu stellen.

2. Diskurskultur und Brandmauer

  • Alexander Gauland: Er beklagt den Verlust der Toleranz im politischen Umgang. Er erinnert sich, dass es ihm als CDU-Mann in den 70er Jahren noch möglich war, mit 68er-Größen wie Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit zu reden und zusammenzuarbeiten. Er kritisiert scharf die „Brandmauer“ der CDU gegen eine demokratische Partei wie die AfD. Er betont, dass die AfD eine bürgerliche Sprache beibehalten und ihre Positionen klar vertreten sollte, ohne sich verbal zu radikalisieren.
  • Dieter Dehm: Er stimmt der Kritik am Verlust der Streitkultur zu, sieht die Wurzel der Intoleranz jedoch in der Übernahme der Macht durch die 68er. Er ist der Ansicht, dass Politiker, sobald sie an die Macht gelangen und die Medien nicht mehr kritisch hinterfragen, ihre Toleranz verlieren. Dehm bezeichnet die heutigen Leitmedien als „Staatspropagandasender“ und beklagt den Einfluss des geheimdienstlich-medialen Komplexes, der Parteien systematisch entkerne.

3. Wirtschaft und Partnerstrategie

  • Dieter Dehm: Dehm vertritt ein marxistisches bzw. pro-proletarisches Denken. Er kritisiert marktradikalistische Tendenzen in der AfD, die seiner Meinung nach die Partei auf eine Grenze von 35 bis 40 Prozent beschränken. Er plädiert für eine strategische Schonung potenzieller Partner und schlägt die Bildung eines „Vatikans“ vor, in dem kluge Rechte und kluge Linke gemeinsam Konzeptionen für Deutschland erarbeiten.
  • Alexander Gauland: Er sieht die AfD als die Partei der Arbeitenden, der Handwerker und der Leistungsträger mit kleinen und mittleren Einkommen. Er hält die Annahme, die AfD sei eine Partei der Reichen, für falsch. Gauland glaubt, dass die AfD weiterwachsen kann und in Sachsen-Anhalt bereits bei 40 Prozent liegt. Er stimmt zu, dass die AfD Partner benötigen wird, um in Verantwortung zu kommen.

Gemeinsamkeiten

Trotz ihrer unterschiedlichen politischen Herkunft teilen Gauland und Dehm fundamentale Ansichten zur aktuellen politischen Lage:

  • Kritik am politischen Diskurs: Beide beklagen den Mangel an Toleranz und die mangelnde Bereitschaft der etablierten Parteien (insbesondere der CDU) zum Dialog mit Andersdenkenden.
  • Friedenspolitik und Russland: Beide fordern eine realistische, von deutschen Interessen geleitete Außenpolitik und eine gute Beziehung zu Russland. Beide lehnen die Eskalation des Ukrainekriegs durch Waffenlieferungen ab, da dies die Gefahr eines Dritten Weltkriegs mit einer Atommacht heraufbeschwöre.
  • Notwendigkeit von Bündnissen: Beide sind sich einig, dass die AfD, um erfolgreich zu sein und in die Verantwortung zu kommen, Partner braucht.
  • Kritik an der Ampel/CDU: Sie sehen die derzeitige Politik als zum Scheitern verurteilt an, was die AfD stärkt, und erwarten, dass die CDU-Basis rebellieren wird, wenn Herr Merz seine Politik nicht umsetzen kann.