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„Im Zweifel für die Freiheit“ – Frauke Petry über Ausstieg aus dem Parteizirkus, Antipolitik und den Masterplan von Team Freiheit

06. November 2025 // geschrieben von Manfred

Frauke Petry, einst Bundesvorsitzende der AfD und bis 2021 Bundestagsabgeordnete, sitzt im Fingerklopfer-Talk – und liefert eine Stunde politisches Kontrastprogramm. Nicht nur biografisch, wenn sie vom Vater erzählt, der 1989 aus der DDR floh und ihr Freiheitsverständnis prägte. Vor allem inhaltlich: Petry seziert das deutsche Parteiensystem, erklärt, warum sie „Antipolitik“ propagiert, und skizziert ein Organisationsmodell, das Partei und Mandat radikal trennt. Heraus kommt ein Gespräch, das man so in der „Berliner Blase“ selten hört – mit klarer Kante, überraschenden Details und einer Ansage: „In fünf Jahren sind wir in der Bundesregierung – mittelbar oder unmittelbar.“

Vom Freiheitsmotiv zur Antipolitik: Diagnose eines kranken Systems

Petrys Ausgangspunkt ist biografisch, ihr Ziel politisch: Freiheit als Leitidee. Sie beschreibt Parteien als „Versorgungsapparate“ mit „struktureller Negativauslese“ – an die Spitze kämen zu oft die Anpassungsfähigsten, nicht die Fähigsten. Der Staat, einst Rahmensetzer, sei zum „Nannystaat“ geworden: hohe Staatsquote, Regulierung bis in Privates, Corona als Chiffre für Grenzüberschreitungen. Die Konsequenz heißt für sie Antipolitik: „Staat, halt dich raus.“ Das betrifft Energiepreise, Migration, NGOs, vor allem aber den Sozialstaat. Hilfe – ja, aber gezielt: Kinder ohne elterliche Fürsorge, Kranke/Behinderte, Hochbetagte. Alle anderen: Eigenverantwortung. Ihr ökonomisches Pairing dazu: Marktwirtschaft ist Freiheit – Subventionen verzerren, Verwaltung verschlingt Ressourcen. Außenpolitisch: NATO-freundlich, aber eigenständiger; EU-skeptisch gegenüber dem politischen Überbau, den Binnenmarkt will sie erhalten – „ein Europa ohne diese undemokratische Kommission“.

Partei ≠ Mandat: Das Betriebsmodell „Team Freiheit“

Der eigentliche Sprengsatz des Interviews ist organisatorisch. Team Freiheit will das Parteiengesetz minimalistisch nutzen – und Partei und Mandat trennen. Aufgestellt werden parteifreie Kandidaten; die Partei agiert als „Aufsichtsrat“, die Mandatsträger als „Vorstände“ im Parlament. Ergebnis laut Petry: weniger Klüngel, mehr Zeit fürs Mandat (und für echte Berufe), Auswahl nach Kompetenz statt Delegiertenarithmetik. Der interne Aufbau erfolgt langsam und bewusst: Clubs vor Ort (Vereinsstruktur), Kennenlernen statt Tür-auf-für-alle; Förderer ja, aber ohne Öffnen für Übernahmen à la „Piraten-Erfahrung“. Kandidatenprofil? Eher 30+, häufig Unternehmer und Selbständige – Leute, die „nicht nach dem Beamtenjob suchen“. Namen fallen auch: Sarah Zickler (Immo-Unternehmerin) als Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg, die Jägerausbilderin und Landtagsabgeordnete Sandy van Baal, außerdem bekannte Unterstützer im freiheitlichen Netzwerk (Hayek-Gesellschaft, Atlas-Initiative u. a.). Thomas Kemmerich und Joanna (Kotar?) sprechen öffentlich für das Projekt, bleiben – wie Petry – parteifrei.

Politikbetrieb ohne Koalitions-Nibelungentreue? Petry plädiert für Minderheitsregierungen und Sachmehrheiten: „Wer mit uns für mehr Freiheit stimmt, ist ein Verbündeter.“ Schnittmengen sieht sie je nach Thema bei AfD (Migration/NGO-Staat) und CDU-Wirtschaftsflügel (Sozialstaat/Regulierung). Aber: Es gibt rote Linien – und „Brandmauern“ sollen Opportunistenlogik nicht ersetzen. Strategisch denkt Team Freiheit wie ein Schlepper, der Tanker zieht – kleinere Kräfte können Kurs bestimmen, wenn sie standhaft sind.

Wahlkampf ohne Laternenleiter – und die Fünf-Jahres-Wette

Straßenstände und Kleister-Romantik? „Total sinnlos“, sagt Petry nüchtern – erst recht im Winter. Wahlkampf findet online und professionell statt; Plakatierung wird ausgelagert. Die Partei soll Personal auswählen, nicht Plakate hängen. Programmatik? 16 freiheitliche Leitplanken unter der Überschrift „Im Zweifel für die Freiheit“; konkrete Landesprogramme erarbeiten die Kandidaten – Bottom-up, aber innerhalb der Leitplanken. Für die berühmte Gretchenfrage „Mehrheiten, aber wie?“ gibt es einen Realitätscheck: Man peilt zweistellige Ergebnisse an, will Agenda-Setting wie einst die Grünen – nur eben in Richtung Entstaatlichung. Und dann die Pointe: „In fünf Jahren“ will Team Freiheit Teil der Bundesregierung sein, „mittelbar oder unmittelbar“. Erst wird’s härter, dann besser – ganz wie Javier Milei es den Argentiniern erklärt. Petry setzt dabei bewusst auf die Jungen: Freiheitsdrang schlägt Pädagogik.

Warum sich das Reinschauen lohnt: Dieses Gespräch ist kein Katalog alter AfD-Abrechnungen, sondern eine Operationsbeschreibung für einen Systemwechsel mit freiheitlicher DNA – Organisationsreform statt Parteitagsrituale, klare Prioritäten statt Bauchladen. Wer wissen will, ob Antipolitik mehr ist als ein Schlagwort, wie man ohne Parteiapparat Kandidaten rekrutiert und wo Team Freiheit tatsächlich regieren würde – der findet hier reichlich Munition für Kopf und Kaffeepause. Und ja: den Link zur „Antipartei“ gibt’s am Ende auch.

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