Zwischen Corona-Aufarbeitung, Brandmauer-Kritik und politischem Realismus

In einem ausführlichen Interview mit Jasmin Kosubek sprach die CDU-Politikerin Dr. Saskia Ludwig über die aktuelle politische Lage, die Kanzlerwahl, ihre Haltung zur Aufarbeitung der Corona-Politik und den Umgang mit politischen Gegnern. Ludwig präsentierte sich dabei als konservative Stimme innerhalb der CDU, die weder vor kontroversen Fragen noch vor politischen Alleingängen zurückschreckt.
Ein konservatives Profil mit Rückgrat – Wer ist Saskia Ludwig?
Dr. Saskia Ludwig ist seit vielen Jahren eine feste Größe in der brandenburgischen CDU. Die promovierte Politikwissenschaftlerin war von 2004 bis 2024 Mitglied des Brandenburger Landtags, mehrfach Fraktionsvorsitzende, und ist seit 2025 erneut Mitglied des Bundestages. Bereits 2012 sorgte sie parteiintern für Aufsehen, als sie sich gegen den Linkskurs der CDU positionierte und für ein Interview mit der „Jungen Freiheit“ kritisiert wurde.
Besonders profilierte sie sich während der Corona-Pandemie. Anders als viele Parteikollegen äußerte sie früh und deutlich Kritik an den Maßnahmen, stellte verfassungsrechtliche Fragen und setzte sich später aktiv für eine politische Aufarbeitung ein. Ihre Mitarbeit im Corona-Untersuchungsausschuss in Brandenburg war geprägt von Hartnäckigkeit, Detailtiefe und dem Willen, politische Verantwortung einzufordern – auch gegen innerparteiliche Widerstände.
Zwischen Regierungskrise und Systemkritik
Im Interview mit Kosubek äußerte sich Ludwig zur gescheiterten Kanzlerwahl im ersten Durchgang – und der darauffolgenden öffentlichen Debatte über eine vermeintliche „Staatskrise“. Sie kritisierte die mediale Dramatisierung und forderte mehr Gelassenheit im politischen Betrieb. Auch die Beteiligung der Linken an einem Geschäftsordnungsantrag sei kein Skandal, sondern Ausdruck verantwortungsvoller Parlamentsarbeit gewesen – bei aller Kritik an der Partei selbst, die sie als demokratisch fragwürdig bezeichnet.
Keine Brandmauer, sondern inhaltliche Auseinandersetzung
Klar positioniert sich Ludwig gegen pauschale Brandmauern gegenüber politischen Parteien – sowohl gegenüber der AfD als auch gegenüber den Linken. Entscheidend seien Inhalte, nicht Etiketten. Demokratie bedeute für sie, auch mit politischen Gegnern zu reden, sofern es um die Sache gehe. Diese Haltung brachte ihr wiederholt innerparteilichen Gegenwind ein, doch Ludwig bleibt standhaft: "Man muss mit sich selbst im Reinen sein – auch wenn das den sozialen Preis erhöht."
Corona: Aufarbeitung als demokratische Pflicht
Den zentralen Raum im Gespräch nahm die Corona-Politik und deren Aufarbeitung ein. Ludwig kritisierte scharf die damalige Rhetorik – auch aus den Reihen der Union. Aussagen wie jene von Friedrich Merz, der von „Geiselhaft durch Coronaleugner“ sprach, bezeichnete sie als politisch unklug und forderte einen offen geführten Lernprozess. Zwar sei aktuell kein Untersuchungsausschuss auf Bundesebene realistisch, aber sie sieht die kontinuierliche Forderung danach als essenziellen Beitrag zur politischen Hygiene. In Brandenburg habe man bereits durch den Untersuchungsausschuss wichtige Akten sichern können, die Grundlage für spätere juristische oder politische Bewertungen sein könnten.
Zwischen Mut zur Wahrheit und Realpolitik
Das Interview offenbarte eine Politikerin, die sich als konservativ, aber aufrichtig beschreibt. Ludwig vermeidet populistische Töne, verweigert sich aber auch dem vorherrschenden Anpassungsdruck in ihrer Partei. Sie hält Aufarbeitung für eine Bringschuld der Politik – nicht der Bürger – und fordert mehr Rückgrat im Umgang mit eigenen Fehlern. Ihre Aussagen sind ein Plädoyer für politische Ernsthaftigkeit, ohne den Anspruch auf Unfehlbarkeit.
Fazit
Saskia Ludwig bleibt eine ungewöhnliche Stimme innerhalb der CDU. Sie steht für einen Kurs, der Prinzipientreue und Kritikfähigkeit vereinen will – und fordert dabei nicht weniger als eine selbstkritische Erneuerung der politischen Kultur. In Zeiten pauschaler Ausgrenzung und moralisierter Debatten wirkt ihre Haltung fast schon altmodisch – oder vielleicht gerade deshalb zukunftsweisend.