09. September 2025
Das Gespräch „Marodes Gesundheitssystem, Transhumanismus & Eugenik – Dr. Nina Pszolla“ entfaltet sich als doppelte Anklage: gegen ein aus den Fugen geratenes Gesundheitssystem und gegen eine vermeintlich heraufziehende, technokratische Biopolitik, die unter dem Etikett des Transhumanismus den Zugriff auf den menschlichen Körper ausweitet. Aus der subjektiven Erfahrungswelt einer Chirurgin und Praxisinhaberin gespeist, gewinnt die erste Hälfte des Interviews Kraft aus handfesten Szenen: der Preis einer Hüftprothese, die Wegwerf-Logik bei Instrumenten, die Absurditäten des DRG-Systems, die Schere zwischen hohen Beiträgen und dünner Versorgung, der Verschleiß an Pflege und Ärzten, die Privatisierungsschübe. In diesen Passagen ist Pszolla am stärksten. Sie übersetzt Systemanreize in anschauliche Praxisbeispiele, erklärt, wie Dokumentations- und Kostenregime ärztliche Arbeit deformieren, und gibt dem Unbehagen vieler Leistungserbringer eine Stimme. Der Ethos der Ärztin, die „jeden“ behandeln will und die Unabhängigkeit des Arztberufs gegen Konzerninteressen verteidigt, wirkt dabei nicht aufgesetzt, sondern geerdet.