AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft: Verfassungsschutz stuft Bundespartei hoch – Kritik an Intransparenz

Berlin – Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die Alternative für Deutschland (AfD) heute offiziell als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Damit bestätigt sich - aus Sicht der Behörde - der seit März 2021 bestehende Verdacht, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Entscheidung, die eine intensivere Überwachung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ermöglicht, sorgt für politische Kontroversen und wirft Fragen zur Transparenz der Behördenarbeit auf.
Hintergrund der Einstufung
Nach einer mehrjährigen Beobachtung als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ erklärte das BfV, dass die AfD eindeutig verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. „Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar“, so die Behörde. Insbesondere die Haltung der Partei gegenüber deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund, insbesondere aus muslimisch geprägten Ländern, stehe im Widerspruch zur Menschenwürde. Die AfD werde diese Gruppen systematisch als „nicht gleichwertig“ behandeln und von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließen.
Bereits auf Landesebene gelten die AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie die Jugendorganisation „Junge Alternative“ als „gesichert rechtsextrem“. Die heutige Entscheidung hebt die Überwachung der gesamten Bundespartei auf dieselbe Stufe. Die Begründung stützt sich auf Äußerungen von Parteifunktionären „gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen“ und „gegen das Demokratieprinzip“ gerichtete Bestrebungen sowie Verbindungen zu rechtsextremen Akteuren.
Politische Reaktionen
Die Einstufung erfolgt kurz nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025, bei der die AfD mit 20,8 Prozent zweitstärkste Kraft wurde. Geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte die Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes: „Das BfV hat einen klaren gesetzlichen Auftrag, unsere Demokratie zu schützen.“ FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte die Entscheidung „überfällig“ und bezeichnete die AfD als „rechtsextremistische Bewegung“. Grünen-Politiker Konstantin von Notz und Irene Mihalic sehen die Einstufung als wichtigen Schritt für ein mögliches Verbotsverfahren.
Die AfD wies die Einstufung scharf zurück. Bundesvorstandsmitglied Roman Reusch kündigte an, den Rechtsstreit vor das Bundesverwaltungsgericht zu tragen. Parteichef Tino Chrupalla sprach von einem „skandalösen Vorgehen“ und warf dem BfV vor, durch gezielte Medienleaks den demokratischen Wettbewerb zu beeinflussen.
Kritische Anmerkungen zur Intransparenz
Die Entscheidung des Verfassungsschutzes wirft Fragen zur Transparenz geheimdienstlicher Operationen auf. Kritiker bemängeln, dass die genauen Beweise und Methoden, die zur Einstufung führten, der Öffentlichkeit weitgehend verborgen bleiben. Das BfV beruft sich auf die Vertraulichkeit nachrichtendienstlicher Arbeit, doch dies führt zu Spekulationen über die Grundlagen der Bewertung. Ein X-Post eines Nutzers kommentierte: „Eine weisungsgebundene Behörde ohne Führung, zwei Werktage vor Beginn einer neuen Regierung, ohne Transparenz über Beweggründe & angeführte Belege. Bemerkenswert.“
Ein Whistleblower des Sächsischen Verfassungsschutzes behauptete zudem, die Einstufung des AfD-Landesverbands sei auf „politischen Druck“ erfolgt, was Zweifel an der Unabhängigkeit der Behörde weckt. Die zeitliche Nähe zur Regierungsumbildung und die Ankündigung des ehemaligen BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang, sich um ein Bundestagsmandat zu bewerben, nähren weitere Skepsis. Kritiker fordern eine Offenlegung der Beweismittel, um die Legitimität der Einstufung nachzuvollziehen.
Ausblick
Die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ erlaubt dem Verfassungsschutz erweiterte Überwachungsmaßnahmen, darunter den Einsatz von V-Leuten und Telekommunikationsüberwachung, sofern diese verhältnismäßig sind. Sie stärkt zudem die Argumente für ein mögliches Parteiverbotsverfahren, das derzeit von Abgeordneten mehrerer Fraktionen diskutiert wird. Allerdings bleibt der Ausgang eines solchen Verfahrens ungewiss, da das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden für Parteiverbote setzt.
Die AfD hat angekündigt, die Einstufung gerichtlich anzufechten. Frühere Klagen gegen die Verdachtsfall-Einstufung waren vor dem Verwaltungsgericht Köln und dem Oberverwaltungsgericht Münster erfolglos. Ob die Partei mit einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht mehr Erfolg hat, bleibt abzuwarten.
Die Debatte um die AfD und ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz wird die politische Landschaft Deutschlands weiter polarisieren. Während Befürworter die Entscheidung als Schutz der Demokratie sehen, warnen Kritiker vor einem Mangel an Transparenz und möglichen politischen Motiven hinter der Arbeit des Inlandsgeheimdienstes.