Dr. Stefan Kerth über die „Brandmauer“: "Nicht mehr zeitgemäß"

In einem aktuellen Video hat Dr. Stefan Kerth, Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen, deutliche Worte gefunden: Die vielzitierte „Brandmauer“ gegen die AfD sei nicht nur wirkungslos, sondern entwickle sich zunehmend zu einem Hindernis für die Demokratie. Was als Schutzmaßnahme gegen Extremismus gedacht war, werde zum Instrument politischer Lähmung – und damit selbst zum Risiko.
Kerth zeichnet das Bild eines Landes, das seit einem Jahrzehnt im migrationspolitischen „Kontrollverlust“ gefangen sei. Monatlich neue Realitätsschocks – von Sozialmissbrauch über Gewaltvorfälle bis hin zu islamistischen Strömungen an Schulen – würden von den etablierten Parteien kleingeredet oder als „rassistische Narrative“ abgetan. Die SPD, Grüne und Linke sieht er in einer Verweigerungshaltung, während die CDU zwar erkenne, dass Handlungsbedarf besteht, aber durch die selbstauferlegte Brandmauer bewegungsunfähig bleibe. „Das rettet keine Demokratie, das zerstört sie“, warnt Kerth.
Seine Kritik richtet sich dabei weniger gegen das Konzept, Extremisten von der Macht fernzuhalten, als gegen die Praxis: Die Brandmauer habe ihr Ziel verfehlt. Anstatt Vertrauen in die Politik zu sichern, befeuere sie den Aufstieg der AfD, da viele Bürger das Gefühl hätten, ihre Sorgen würden ignoriert. Damit diene sie de facto nur noch der Aufrechterhaltung eines Machtmonopols der linken Parteien – ein Befund, den Kerth als demokratieschädlich bezeichnet.
Zentral ist für ihn die Frage, woran Demokratien tatsächlich scheitern. Nicht an einzelnen Parteien, die Stimmen gewinnen, sondern daran, dass sie existenzielle Probleme nicht lösen können. In Deutschland sei dies vor allem die ungelöste Migrationsfrage. Der Staat verliere an Funktionsfähigkeit – und damit das Vertrauen seiner Bürger.
Kerth widerspricht auch der weit verbreiteten Deutung, eine Abkehr von der Brandmauer sei ein „Zivilisationsbruch“. Rechts zu sein, so betont er, sei im Rahmen des Grundgesetzes legitim – bekämpft werden müsse Rechtsextremismus, nicht die gesamte politische Rechte. Dass in anderen europäischen Staaten – von Italien über die Niederlande bis zur Schweiz – rechtsnationale Parteien längst Teil der demokratischen Normalität sind, ohne dass dort die Demokratie kollabiere, zeige die Widersprüchlichkeit der deutschen Sonderlogik.
Besonders provokant ist sein Verweis auf die historische Entwicklung: Noch 2010 hätten Unionspolitiker wie Angela Merkel oder Horst Seehofer „Multikulti“ für gescheitert erklärt – eine Position, die heute als Kernanliegen der AfD gilt. Wie könne etwas nachträglich als „extremistisch“ gelten, das vor wenigen Jahren von etablierten Politikern vertreten wurde? Auch ein Bedingungskatalog, unter welchen Voraussetzungen eine Zusammenarbeit mit der AfD denkbar wäre, sei von der CDU nie formuliert worden.
Selbst die Verfassungsschutzberichte, die vielfach zur Legitimation der Brandmauer herangezogen werden, entlasteten die AfD aus Kerths Sicht eher. Denn über das bekannte Parteiprogramm hinaus seien keine subversiven Aktivitäten ans Licht gekommen, die ein Parteiverbot rechtfertigen würden. Nach der Logik des Grundgesetzes sei ohnehin allein das Bundesverfassungsgericht für eine solche Entscheidung zuständig – nicht die Geheimdienste.
Darüber hinaus kritisiert Kerth die Doppelmoral im Umgang mit politischer Gewalt. Während die AfD für rechtsextreme Tendenzen zu Recht in die Verantwortung genommen werde, tue sich die politische Linke schwer, klare Grenzen zum Linksextremismus zu ziehen. Die Verharmlosung von Gewalt, die Huldigung verurteilter Straftäterinnen und der pauschale Hass auf Polizisten seien alarmierende Tendenzen, die ebenfalls den Rechtsstaat beschädigten.
Fazit
Am Ende seines Plädoyers zieht Kerth ein klares Fazit: Erstens sei Deutschland historisch und gesellschaftlich das am wenigsten gefährdete Land, in alte totalitäre Muster zurückzufallen. Zweitens sei mit der Brandmauer der Kontrollverlust in der Migrationspolitik nicht aufzuhalten. Drittens müsse die CDU den Mut aufbringen, die Brandmauer zu hinterfragen und im Sinne einer verantwortungsethischen Politik neu zu bewerten.
Seine Motivation, diese Position zu vertreten, sei kein politisches Kalkül, betont Kerth, sondern die Sorge um den Alltag des „Normalbürgers“. Während Eliten in sicheren Wohnvierteln und Privatschulen von den Problemen verschont blieben, treffe die aktuelle Migrationspolitik jene, die sich an Recht und Ordnung hielten, tolerant und fleißig seien. Für diese Bürger – und für kommende Generationen – sei der Status quo „beschämend, ungerecht und frauenfeindlich“.